Möchten Sie Gedächtnisverlust nach dem 60. Lebensjahr verlangsamen? Ein Multivitamin könnte die Antwort sein.
Aktuelle Forschung zeigt, dass eine Gruppe, die ein Multivitamin einnahm, war in Tests der Gedächtnisfunktion zwei Jahre jünger als eine Gruppe, die ein Placebo zu sich nahm.
https://www.washingtonpost.com/wellness/2024/01/18/multivitamins-benefits-memory-loss-study/
Von Marlene Cimons
Ein tägliches Multivitamin kann den Gedächtnisverlust bei über 60-Jährigen um etwa zwei Jahre verlangsamen, so eine kürzlich veröffentlichte Studie.
Es ist die dritte in einer Reihe von Studien, die die kognitiven Effekte eines täglichen Multivitamins bei älteren Erwachsenen bewerten. Und eine systematische Überprüfung oder Metaanalyse der drei Studien, die dem jüngsten Papier beiliegen, ergab ähnliche Ergebnisse: Die Gruppe, die ein Multivitamin nahm, war in der Gedächtnisfunktion zwei Jahre jünger als die Gruppe, die ein Placebo nahm. Die Metaanalyse wurde von denselben Forschern durchgeführt, die die drei Studien durchgeführt haben.
Jede Studie hatte “nicht überlappende” Teilnehmer und verwendete unterschiedliche Methoden, was zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen führte. Aber zusammen tragen sie zu der wachsenden Erkenntnis bei, dass die Einnahme eines täglichen Multivitamins einen signifikanten Einfluss auf die Kognition älterer Menschen haben kann.
Kognitiver Abbau gehört zu den grössten Gesundheitsanliegen der meisten älteren Erwachsenen, sagte Chirag Vyas, Dozent für Untersuchungen in der Abteilung für Psychiatrie am Massachusetts General Hospital und Erstautor der jüngsten Studie. Ein tägliches Nahrungsergänzungsmittel bietet einen “attraktiven und zugänglichen Ansatz”, um ihn zu verlangsamen, sagte er.
Weniger Gedächtnisverlust
Die Studien sind Teil der COcoa Supplement and Multivitamin Outcomes Study (COSMOS), einer grösseren Forschungsreihe, die die gesundheitlichen Auswirkungen bestimmter Nahrungsergänzungsmittel untersucht; es ist eine Zusammenarbeit des Massachusetts General Hospital, des Brigham and Women’s Hospital, der Columbia University und der Wake Forest University.
Die jüngste Studie mit 573 Personen fand statistisch signifikante Verbesserungen im Kurz- und Langzeitgedächtnis – beispielsweise das Erinnern an eine Liste von Wörtern, die ihnen während der Tests vorgelegt wurden – bei denen, die ein Multivitamin einnahmen. Aber es gab weniger Nutzen als in der ersten Studie für Exekutivfunktionen wie das Rückwärtszählen oder das zeitgesteuerte Benennen von Tieren oder Gemüse, sagte JoAnn Manson, Leiterin der Abteilung für Präventivmedizin bei Brigham und Co-Leiterin der COSMOS-Studie mit Howard Sesso, stellvertretender Direktor der Abteilung.
Die erste Studie, die die Kognition der Teilnehmer durch Telefoninterviews testete, zeigte eine Verzögerung des Gedächtnisverlusts und des kognitiven Alterns um 1,8 Jahre, während die zweite Studie, die webbasierte Bewertungen beinhaltete, ergab, dass die Multivitamingruppe geschätzte 3,1 weniger Jahre an Gedächtnisverlust im Vergleich zur Placebogruppe aufwies. Die dritte Studie zeigte eine Verzögerung des Gedächtnisverlusts um zwei Jahre.
Die erste Studie zeigte einen “signifikanten” Nutzen sowohl für das Gedächtnis als auch für die Exekutivfunktion, während sich die zweite Studie hauptsächlich auf das Gedächtnis konzentrierte, nicht auf die Exekutivfunktion, sagte Manson.
Viele Patienten haben Angst, an Alzheimer zu erkranken, sagte Paul E. Schulz , Professor für Neurologie und Direktor des Neurokognitiven Störungszentrums an der McGovern Medical School der UTHealth Houston. Oft handelt es sich jedoch um einen normalen kognitiven Abbau im Zusammenhang mit dem Altern, sagte er.
“Dann fragen mich die Leute: ‘Ich bin froh, dass es kein Alzheimer ist, aber kann ich etwas dagegen tun?'”, sagte Schulz, der nicht an der Forschung beteiligt war. “Diese Studie legt die faszinierende Möglichkeit nahe, dass ein gewisses Mass an normalem Altern durch einfache Vitaminergänzung abgewehrt werden kann.”
Erstaunliche Ergebnisse in der Multivitamin-Studie
“Die Ergebnisse sind erstaunlich und stark in ihrer Konsistenz”, sagte Manson, auch Professorin für Medizin an der Harvard Medical School. “Jede Studie zeigt ein leicht unterschiedliches Ergebnis, aber zusammen sind sie ein mächtiger Hinweis auf die allgemeinen Vorteile von Multivitaminen auf das Gedächtnis und das kognitive Altern.”
Die Forschung – alles randomisierte placebokontrollierte klinische Studien, die als “Goldstandard” in der Methodik gelten – studierte 5.000 Teilnehmer und dauerte zwei bis drei Jahre. Die neueste Studie und Metaanalyse erschienen im American Journal of Clinical Nutrition.
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ergebnisse zufällig auftreten, liegt laut Berechnungen in der Metaanalyse bei weniger als 1 zu 1.000, sagte Manson. Dies erhöht “die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um reale Effekte der Multivitamine handelt”, sagte sie.
Alle Studien verwendeten ein allgemein verfügbares Multivitamin – Centrum Silver für Erwachsene (Alter 50+). Aber obwohl sie nicht untersucht wurden, “ist es wahrscheinlich, dass jedes hochwertige Multivitamin ähnliche Vorteile bieten würde”, sagte Manson.
“Wir haben drei separate Studien sowie eine kombinierte Analyse, die die Ergebnisse bestätigen”, sagte sie. “Wenn es sich um ein teures Medikament handeln würde, würde es aggressiv vermarktet werden, selbst bevor es Beweise für langfristige Sicherheit gab.” Multivitamine sind rezeptfrei und erschwinglich, und “wir wissen bereits, dass sie sicher sind, wenn sie über viele Jahre eingenommen werden”, sagte sie.
Die dritte Studie und die Metaanalyse wurden durch von den Ermittlern initiierte Zuschüsse von Mars Edge, der Life-Science-Abteilung von Mars Inc., und den National Institutes of Health finanziert. Multivitamin- und Placebotabletten sowie Verpackungen wurden vom Hersteller von Centrum Silver, Pfizer Consumer Healthcare (jetzt Haleon), gespendet, der keine Finanzierung bereitstellte, sagten die Forscher.
Sesso berichtete ausserdem, dass er während der Durchführung der Studie von Pure Encapsulations und Pfizer initiierte Zuschüsse sowie Honorare oder Reisekosten für Vorträge vom Council for Responsible Nutrition, BASF, NIH und der American Society for Nutrition erhalten hat.
Gesunde Ernährung ist wichtig
Die ersten beiden Studien waren rassisch und ethnisch vielfältig, da die Interviews telefonisch oder online stattfanden, während die dritte weniger vielfältig war, da sie in-person Tests von Teilnehmern im Raum Boston beinhaltete – eine Studienbeschränkung, die die Forscher anerkannten.
Unterschiede in den Teilnehmern und der Methodik haben wahrscheinlich zu den Unterschieden in den Ergebnissen beigetragen, sagte Manson.
Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer war weiss, was nicht die Gesamtpopulation der älteren Erwachsenen widerspiegelt“, sagte Christine Kistler, eine ausserordentliche Professorin für Geriatrie an der Universität von Pittsburgh, die an keiner der Studien beteiligt war. „Ich wünschte auch, dass die Studien über einen längeren Zeitraum durchgeführt worden wären.“
Kistler sagte auch, dass „Menschen vielleicht auf Nummer sicher gehen und ein Multivitamin nehmen wollen, da es nicht schadet, aber ich werde vorerst bei gesunder Ernährung, Bewegung und gutem Schlaf bleiben.“
Individuen könnten die für die Gehirngesundheit notwendigen essentiellen Vitamine und Mineralien durch gesunde Nahrung aufnehmen, sagte Manson. Aber „viele Menschen haben Mängel in einem oder mehreren wichtigen Mikronährstoffen, die für die kognitive Funktion wichtig sind“, darunter Vitamine B12 und D, Lutein und Zink, sagte sie.
Das Centrum-Produkt enthält diese. Aber „das bedeutet nicht, dass Menschen gesunde Ernährung aufgeben sollten, weil sie Multivitamine nehmen“, sagte sie.
Multivitamine und Mineralien sind bereits bei Amerikanern beliebt. Mehr als 39 Prozent der über 60-Jährigen nehmen sie, laut den Centers for Disease Control and Prevention.
„Obwohl diese Studie die Empfehlungen zu einer gesunden Ernährung nicht ersetzt, verstärkt sie frühere Erkenntnisse und bleibt der beste Beweis, dass man ein Multivitamin nehmen sollte, zumindest für Menschen über 60“, sagte Donald Hensrud, ein Ernährungsspezialist an der Mayo-Klinik, der ebenfalls nicht an der Studie beteiligt war.
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